Każdy jest innym i nikt sobą samym.

Da
war dann jedes Signal zum Sprengen vergeblich. Und da bekamen es die Führer erst recht mit der Angst
zu tun, und man wendete sich wieder denen zu, die gegen diese Taktik schon früher Stellung genommen
hatten und die jetzt mit einem gewissen Schein von Recht auf ihre Ansicht hinwiesen, das allein
Richtige sei es, dem Arbeiter grundsätzlich den Besuch unserer Versammlungen zu verbieten.
Da kamen sie nicht mehr oder doch weniger. Allein schon nach kurzer Zeit begann das ganze Spiel
erneut von vorne.
Das Verbot wurde doch nicht gehalten, die Genossen kamen immer mehr, und endlich siegten wieder
die Anhänger der radikalen Taktik. Wir sollten gesprengt werden.
Wenn sich dann nach zwei, drei, oft auch acht und zehn Versammlungen herausstellte, daß das Sprengen
leichter gesagt als getan war und das Ergebnis jeder einzelnen Versammlung ein Abbröckeln der roten
Kampftruppen bedeutete, dann kam plötzlich wieder die andere Parole: "Proletarier, Genossen und
Genossinnen! Meidet die Versammlungen der nationalsozialistischen Hetzer!"Die gleiche, ewig
schwankende Taktik fand man übrigens auch in der roten Presse. Bald versuchte man uns
totzuschweigen, um sich dann von der Zwecklosigkeit dieses Versuchs zu überzeugen und wieder zum
Gegenteil zu greifen. Wir wurden jeden Tag irgendwie "erwähnt", und zwar meistens, um dem Arbeiter
die unbedingte Lächerlichkeit
{544 Die Gegner machen uns bekannt}
unserer ganzen Existenz klarzumachen. Nach einiger Zeit mußten die Herren aber doch fühlen, daß uns
das nicht nur nicht schadete, sondern im Gegenteil insofern nützte, als natürlich viele einzelne sich doch
die Frage vorlegen mußten, warum man denn einer Erscheinung soviel Worte widme, wenn sie eine so
lächerliche war. Die Leute wurden neugierig. Darauf schwenkte man plötzlich und begann, uns eine
Zeitlang als wahre Generalverbrecher der Menschheit zu behandeln. Artikel über Artikel, in denen unser
Verbrechertum erläutert und immer wieder aufs neue bewiesen wurde, Skandalgeschichten, wenn auch
von A bis Z aus den Fingern gesogen, sollten dann noch ein übriges tun. Allein von der
Wirkungslosigkeit auch dieser Angriffe schien man sich nach kurzer Zeit überzeugt zu haben; im
Grunde genommen half dies alles ja nur mit, die allgemeine Aufmerksamkeit erst recht auf uns zu
konzentrieren.
Ich habe damals den Standpunkt eingenommen: Ganz gleich, oh sie über uns lachen oder schimpfen, ob
sie uns als Hanswurste oder als Verbrecher hinstellen; die Hauptsache ist, daß sie uns erwähnen, daß sie
sich immer wieder mit uns beschäftigen, und daß wir allmählich in den Augen der Arbeiter selber
wirklich als die Macht erscheinen, mit der zur Zeit allein noch eine Auseinandersetzung stattfindet. Was
wir wirklich sind und was wir wirklich wollen, das werden wir eines schönen Tages der jüdischen
Pressemeute schon zeigen.
Ein Grund, warum es damals meist nicht zu direkten Sprengungen unserer Versammlungen kam, war
allerdings auch die ganz unglaubliche Feigheit der Führer unserer Gegner. In allen kritischen Fällen
haben sie kleine Hänschen vorgeschickt, höchstens außerhalb der Säle auf das Resultat der Sprengung gewartet.
Wir waren über die Absichten der Herrschaften fast immer sehr gut unterrichtet. Nicht nur, weil wir aus
Zweckmäßigkeitsgründen selbst viele Parteigenossen innerhalb der roten Formationen stecken ließen,
sondern weil die roten Drahtzieher selbst von einer, in diesem Falle uns sehr nützlichen Geschwätzigkeit
ergriffen waren, wie man sie in un-
{545 Rechtswidrige Polizeipraxis}
serem deutschen Volke leider überhaupt sehr häufig findet. Sie konnten nicht dichthalten, wenn sie so
etwas ausgebrütet hatten, und zwar pflegten sie meistens schon zu gackern, ehe noch das Ei gelegt war.
So hatten wir oft und oft die umfassendsten Vorbereitungen getroffen, ohne daß die roten
Sprengkommandos selbst auch nur eine Ahnung besaßen, wie nahe ihnen der Hinauswurf bevorstand.
Diese Zeit zwang uns, den Schutz unserer Versammlungen selbst in die Hand zu nehmen; auf den
behördlichen Schutz kann man nie rechnen; im Gegenteil, er kommt erfahrungsgemäß immer nur den
Störern zugute. Denn der einzige tatsächliche Erfolg eines behördlichen Eingreifens, und zwar durch
Polizei, war höchstens die Auflösung der Versammlung, also ihre Schließung. Und das war ja auch
einzig das Ziel und die Absicht der gegnerischen Störer.
Überhaupt hat sich hier bei der Polizei eine Praxis herausgebildet, die das Ungeheuerlichste an
Rechtswidrigkeit darstellt, das man sich vorstellen kann. Wenn nämlich durch irgendwelche Drohungen
der Behörde bekannt wird, daß die Gefahr einer Versammlungssprengung besteht, dann verhaftet diese
nicht die Droher, sondern verbietet den anderen, Unschuldigen, die Versammlung, auf welche Weisheit
sich ein normaler Polizeigeist noch kolossal viel einbildet. Sie nennen es eine "vorbeugende Maßnahme
zur Verhinderung einer Gesetzwidrigkeit".
Der entschlossene Bandit hat es also jederzeit in der Hand, dem anständigen Menschen seine politische
Tätigkeit und Betätigung unmöglich zu machen. Im Namen der Ruhe und Ordnung beugt sich die
Staatsautorität vor dem Banditen und ersucht den anderen, diesen gefälligst nicht zu provozieren. Wenn
also Nationalsozialisten an gewissen Stellen Versammlungen abhalten wollten und die Gewerkschaften
erklärten, daß dies zu einem Widerstand seitens ihrer Mitglieder führen würde, dann setzte die Polizei
beileibe nicht die erpresserischen Burschen hinter Schloß und Riegel, sondern verbot uns die
Versammlung. Ja, diese Organe des Gesetzes besaßen sogar die unglaubliche Schamlosigkeit, uns dies
unzählige Male schriftlich mitzuteilen.
{546 Psychologisch richtige Versammlungsleitung}
Wollte man sich vor solchen Eventualitäten schützen, mußte man also dafür sorgen, daß jeder Versuch
einer Störung schon im Keim unmöglich wurde.
Hierbei kam aber noch folgendes in Betracht: Jede Versammlung, die ihren Schutz ausschließlich durch
die Polizei erhält, diskreditiert die Veranstalter in den Augen der breiten Masse. Versammlungen, deren
Abhaltung nur durch die Abstellung eines großen Polizeiaufgebotes garantiert werden, wirken nicht
werbend, insofern die Voraussetzung zum Gewinnen der unteren Schichten eines Volkes immer eine
ersichtlich vorhandene Kraft ist.
So wie ein mutiger Mann Frauenherzen leichter erobern wird als ein Feigling, so gewinnt eine
heldenhafte Bewegung auch eher das Herz eines Volkes als eine feige, die nur durch polizeilichen
Schutz am Leben erhalten wird.