Almansor:
Glaub mir, ich bin's. Ich seh den span'schen Hund!
Dort spuckt er meinem Bruder in den Bart, Und tritt ihn noch mit Füßen obendrein.
Ich hör's; dort weint das arme Mütterchen; Sie aß am Freitag gerne Gänsebraten, Drum bratet man sie selbst jetzt, Gott zu Ehren.
Am Pfahl daneben steht ein schönes Mädchen -
Die Flammen sind in sie verliebt, umschmeicheln, Umlecken sie mit lüstern roten Zungen; Sie schreit und sträubt sich holderrötend gegen Die allzu heißen Buhlen, und sie weint -
O schade! aus den schönen Augen fallen Hellreine Perlen in die gier'ge Glut.
Jedoch was sollen diese Leute mir?
Mein Herz ist ganz durchstochen wie ein Sieb, Hat keinen Raum für neue Schmerzenstiche.
Der blut'ge Mann, der auf der Folter liegt, Hat kein Gefühl für einer Biene Stachel.
Glaub mir's, ich bin Almansor noch, und gastfrei Steht meine Brust noch offen fremden Schmerzen; Doch, durch die engen Pförtlein Aug und Ohr, Sind Riesenleiden in die Brust gestiegen, Die Brust ist voll - Ängstlich leise: Gar ein'ge wunde Gäste Sind, herbergsuchend, mir ins Hirn gestiegen.
Hassan:
Steh auf! steh auf! sonst sag ich dir ein Wort, Das dich aufgeißeln wird, und neue Glut In deine Adern gießt - Sich zu ihm herabbeugend. Zuleima Liegt heute Nacht in eines Spaniers Armen.
Almansor aufspringend und sich krampfhaft windend: Die Sonne ist mir auf den Kopf gefallen, Das Hirn ist eingebrochen, und die Gäste, Die dort sich eingenistet taumeln auf, Umflirren mich, wie graue Fledermäuse, Umsummen mich, umächzen mich, umnebeln Mich mit dem Duft vergifteter Gedanken!
Hält sich den Kopf.
O weh! o weh! die Alte faßt mich an, Reißt mir das Haupt vom Rumpf, und schleudert es In einen Hochzeitsaal, wo zärtlich bellend Ein span'scher Hund mein süßes Liebchen küßt, Und schnalzend küßt und herzt - O weh! O hilf mir!
Wirft sich zu Hassans Füßen.
O hilf dem blut'gen, abgerißnen Kopf, Der keine Arme hat, den Hund zu würgen -
O leih mir deine Arme, Hassan! Hassan!
Hassan:
Ja, meinen Arm will ich dir leihn, Almansor, Und auch die starken Arme meiner Freunde.
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Wir wollen würgen jenen span'schen Hund, Der dir entreißen will dein Eigentum.
Steh auf! Du sollst Zuleima bald besitzen.
Almansor steht auf.
Als ich eur gestrig Nachtgespräch belauscht, Riet ich zu schneller Flucht, allein vergebens; Doch soll Almansor nicht verzweifeln dacht ich.
Ich habe meine Freunde hergeführt; Sie harren meines Winkes, und wir stürmen Nach Alis Schloß, wir ungeladne Gäste.
Du nimmst dir deine Braut, und bringst sie mit Nach unserm Schiff, das an der Küste liegt.
Zuleimas Liebe wird schon wiederkommen.
Almansor:
Ha, ha, ha! Liebe! Liebe! Fades Wort, Das einst, mit schläfrig halbgeschloßnen Augen, Ein Engel gähnend sprach. Er gähnte wieder, Und eine Welt voll Narren, alt und jung, Hat gähnend nachgelallet: Liebe! Liebe!
Nein, nein! ich bin kein schmächt'ger Zephyr mehr, Der schmeichelnd fächelt eines Mädchens Wange; Ich bin der Nordsturm, der ihr Haar zerzaust, Und rasend mit sich reißt die scheue Braut.
Ich bin kein süßes Weihrauchdüftchen mehr, Das einer Jungfrau Nase zärtlich kitzelt; Ich bin der Gifthauch, der sie dumpf betäubt, Und schwelgend dringt in alle ihre Sinne.
Ich bin das Lamm nicht mehr, das, fromm und mild, Sich hinschmiegt zu den Füßen seiner Schäfrin; Ich bin der Tiger, der sie wild umkrallt, Und wollustbrüllend ihren Leib zerfleischt.
Zuleimas Leib ist's, was ich jetzt verlange; Ich will ein glücklich Tier sein, ja, ein Tier; Und in des Sinnenrausches Taumel will ich Vergessen daß es einen Himmel gibt.
Ergreift hastig Hassans Hand.
Ich bleibe bei dir, Hassan! ja wir wollen Auf wilder See ein lustig Reich begründen; Tribut soll uns der stolze Spanier zollen; Wir plündern seine Küst und seine Schiffe; -
Auf dem Verdecke kämpf ich dir zur Seite; -
Mein Säbel spaltet stolze Spanierschädel -
Die Hunde über Bord! - das Schiff ist unser!
Ich aber eile jetzt, mich zu erquicken, Nach der Kajüte, wo Zuleima wohnt, Umfasse sie mit meinen blut'gen Armen, Und küsse ab von ihrer weißen Brust Die roten Flecken - Ha! sie sträubt sich noch?
Zu meinen Füßen, Sklavin, sollst du wimmern, Ohnmächtig Ding, das meine Sinne kühlt Nach wilder Kampfeshitze - Sklavin, Sklavin, Gehorche mir, und fächle meine Glut!
Beide eilen fort.
Saal in Alis Schloß. Ritter und Frauen sitzen, festlich geschmückt, an einer Speisetafel. Ali.
Don Enrique. Zuleima. Ein Abt. Musikanten.